Ausgabe Vier

Oktober 2025

Mit Beiträgen von Hannah K Bründl, Katrin & Felicitas Woelger sowie Nina Göldner & Nitay Feigenbaum

Dieses Magazin will so barrierefrei wie möglich sein. Gebt uns gern Feedback unter post@krank-dasmagazin.de

Inhalt

  • Im Auszug aus Hannah K Bründls Langgedicht taucht ein lyrisches Ich ein in den Prozess, der Krankheit Stimmen zu geben.

    Hier lesen

  • In ihrer Fotoserie verwandelt das Mutter-Tochter-Künstlerinnenduo Katrin und Felicitas Woelger den Deathdrop in ein Lebenszeichen.

    Hier ansehen

  • Nina Göldners und Nitay Feigenbaums Audiobeitrag stellt die Frage nach Möglichkeit und Notwendigkeit einer ästhetischen Auseinandersetzung mit dem Körper.


    Hier anhören

Editorial

Hierhin springen

»So daß ihm also / doch einzig und allein ästhetisch zu begegnen ist!«

Mit diesem Ausruf endet das Gedicht “Untersuchen und formen” der 2024 verstorbenen Lyrikerin Elke Erb. Erbs Gedicht umkreist ein sehr allgemein gehaltenes Übel, dem es ästhetisch zu begegnen gilt. Für dieses Editorial möchten wir uns Elke Erbs Ausruf als Überschrift ausborgen: Unsere vierte Ausgabe besteht aus drei Arbeiten, die dem Kranksein, dem Körper und der künstlerischen Praxis auf ganz unterschiedliche Art begegnen. Die Notwendigkeit oder aber die Frage nach der Notwendigkeit einer ästhetischen Auseinandersetzung mit einer spezifischen Situation wird jedoch in allen dreien deutlich.

In ihrem lyrischen Beitrag »Tang« umkreist Hannah K Bründl eine Krankheitserfahrung in all ihrer Bruchstückhaftigkeit: Sie zeigt uns, wie ein Gebilde aus Text, Zitaten und Stimmen, das immer wieder auseinanderzureißen droht, über eine ästhetische Bearbeitung wieder zu einem großen Ganzen geformt werden kann. Der Auszug aus ihrem Langgedicht hat uns nicht nur inhaltlich angesprochen, wir fühlten uns auch von seiner formalen Präsentation positiv herausgefordert. Wir freuen uns sehr, dass Hannah ihren Text auch für uns eingelesen hat.

Die visuelle Arbeit »Fallen« kommt vom Künstlerduo Katrin und Felicitas Woelger. Die Fotos der Tochter, Felicitas, aufgenommen von ihrer Mutter, Katrin, thematisieren die Reizüberflutung und Momente der Überforderung, mit denen Menschen mit Behinderung konfrontiert sind. Felicitas findet einen Ausweg aus diesen Situationen über einen Deathdrop. Indem Katrin diese Deathdrop-Situationen fotografisch dokumentiert, zeigen uns beide, dass wir, selbst wenn wir uns tot stellen, immer noch wehrhaft sind, solange wir Zeugen haben, gemeinsam handeln und eine ästhetische Auseinandersetzung suchen.

Dass die Notwendigkeit oder Möglichkeit einer ästhetischen Auseinandersetzung jedoch auch immer wieder in Frage steht beziehungsweise in Frage gestellt werden muss, thematisieren Nina Göldner und Nitay Feigenbaum in ihrem Audiobeitrag »Answering Machine«. Gibt es eine Pflicht, unseren Körper zum Thema machen? Uns zum Thema zu machen? Müssen wir ästhetisch aus uns heraus, wenn wir uns ästhetisch bewohnen können?

Ganz herzlich

Annekathrin, Saskia, Kathrin, Svenja, Jelena

PS: Wenn Ihr ganz nach unten scrollt, findet Ihr dort unseren neuen »Spenden-Button«. Mit euren Spenden helft Ihr mit, neue Ausgaben möglich zu machen.

TANG

Hannah K Bründl

Hierhin springen

»körper als gebiet der erzeugung

mehrerer selbste

(matrix, natürlich gebärmutter

– aber das nur auf latein)«

Hier kompletten Text lesen

Fallen

Katrin Woelger & Felicitas Woelger

Hierhin springen

Katrin Woelger schreibt über »Fallen«:

Felicitas wurde im Mutterleib mit dem Cytomegalievirus infiziert und erlitt dadurch noch vor der Geburt eine Ohren- Augen- und Gehirnentzündung. Daraus haben sich mehrere Beeinträchtigungen ergeben; die größte ist die Kommunikation. Felicitas ist schwerhörig und ihr Sprachzentrum ist vernarbt, so dass es schwer für sie ist, verstanden zu werden. Oft wird ihr viel weniger zugetraut, als sie kann.

Irgendwann begann sie damit, sich auf den Boden zu werfen und »tot zu stellen«, wenn sie nicht mehr weiter kam mit dem, was sie mitteilen wollte, oder sie an eine Grenze stieß – wenn »nichts mehr ging«.

Egal, wo sie sich gerade befindet, am Bahnhof, im Schwimmbad, zu Hause … Sie macht das gekonnt, verletzt sich nie und liegt dann in theatraler Pose, wie auf den Fotos zu sehen.

Ich sehe das – vielleicht weil ich Künstlerin bin – als performativen Akt. Die Notwendigkeit, aus der sich für Felicitas diese Aktion ergibt, sehe ich als wichtige Komponente von Kunst im Allgemeinen an.

Irgendwann begann ich, diese Situationen zu fotografieren, festzuhalten, zu dokumentieren. Ich schreite prinzipiell nicht in die Aktion ein, sondern bin nur Zeugin, versuche Felicitas aber danach aus der Situation zu bringen. Sie kann von ein paar Minuten bis zu Stunden andauern.

Answering Machine

Nina Göldner & Nitay Feigenbaum

Hierhin springen

»Hand aufs Herz: Kann ich, kann ich überhaupt weiter als mein Nabel kucken? Mein Hüftknochen mein Horizont? Komme ich … komm ich schreibend aus meiner Haut?«

Biografien

Hierhin springen

Unterstütze weitere Ausgaben